Kategorie: Allgemein

Mutter und Tochter retteten in Eckenhagen einen Zwangsarbeiter

Manchmal sind es verschlungene Wege, auf denen eine Geschichte bekannt wird. Kurz vor Weihnachten erreichte uns ein Anruf aus der nördlichsten Ecke von Schleswig-Holstein. Dort hatte ein Mitarbeiter einer KZ-Gedenkstätte von Besuchenden aus den Niederlanden von der Rettung eines Zwangsarbeiters gehört, der von Bochum ins Oberbergische geflohen war und in Eckenhagen von zwei Frauen gerettet wurde. Die Eckdaten haben wir an die Redaktion der Oberbergischen Volkszeitung und des Oberbergischen Anzeigers gegeben – und am Freitag, den 20. Januar, erschien dann der Artikel:

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Rückblick und Ausblick zum Übergang 2022/2023

Es hat sich gezeigt, dass heutzutage die größte terroristische Gefahr in westlichen Nationen von extremen Rechten ausgeht, von Neonazis und jenen, die an die Überlegenheit von Weißen glauben. Wir müssen jegliche Form von Neonazismus und „White Supremay“, alle Formen von Antisemitismus und antimuslimischem Hass, deren Anwachsen wir in den westlichen Gesellschaften und in anderen Teilen der Welt beobachten, klar und entschieden verurteilen. Das ist eindeutig eine Bedrohung, und wir müssen diese Bedrohung mit großer Entschlossenheit bekämpfen. Die Ereignisse in Deutschland sind nur ein Beispiel für diese Bedrohung demokratischer Gesellschaften überall auf der Welt.“


UN-Generalsekretär Guterres am 19.12.2022 zu den am 8. Dezember aufgedeckten Plänen rechtsterroristischer Verschwörer*innen in Deutschland

Im Jahr 2022 war durch den verbrecherischen Angriff der Truppen der russischen Föderation auf die Ukraine der Krieg nach Europa zurück gekommen. Der Krieg hat Tod, Leid und Not über die Menschen in der Ukraine gebracht. Er richtet Verwüstung an – nicht nur Zerstörung in den Städten, sondern auch in den Köpfen, indem er Hass und Nationalismus befördert. Es ist ein gutes Zeichen, wenn in unserem Land Menschen aufgenommen werden, die vor dem Krieg fliehen, doch es ist Rassismus, wenn Menschen, die vor anderen Kriegen fliehen, nicht die gleiche Hilfe zuteil wird. Wir bleiben dabei: Es gilt das Grundgesetz, das in Artikel 3 keine Benachteiligung erlaubt, auch nicht auf Grund der Herkunft!

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Mölln 1992

Header der website „Gedenken Mölln 1992“

Vor 30 Jahren, am 23. November 1992, verübten Neonazis in Mölln rassistisch motivierte Brandanschläge gegen zwei Häuser, in den türkischstämmige Mitbürger*innen wohnten. Dabei starben die 51-jährige Bahide Arslan, ihre zehnjährige Enkelin Yeliz und deren 14-jährige Cousine Ayşe Yılmaz. Weitere neun Menschen wurden schwer verletzt.

Auf der wikipedia-Seite „Mordanschlag von Mölln“ werden die Ereignisse der Nacht geschildert:

Die Anschläge wurden von den Neonazis Michael Peters und Lars Christiansen verübt. Sie warfen zunächst gegen 0:30 Uhr zwei Molotowcocktails in das Obergeschoss eines zweistöckigen Fachwerkhauses mit 32 türkischstämmigen Bewohnern in der Ratzeburger Straße 13. Alle Bewohner konnten sich vor dem ausbrechenden Feuer retten, zum Teil, indem sie aus den Fenstern sprangen oder sich mit Betttüchern abseilten. Dabei gab es mehrere Verletzte. Die Täter riefen unmittelbar anschließend anonym bei der Polizei in Mölln an und erklärten: „In der Ratzeburger Straße brennt ein Haus! Heil Hitler!“ Danach warfen sie kurz nach 1 Uhr einen Molotowcocktail in den Eingangsbereich des Hauses Mühlenstraße 9, eines von der türkischen Familie Arslan bewohnten dreigeschossigen Backsteinbaus. Auch hier gab es kurz darauf einen anonymen Anruf bei der Freiwilligen Feuerwehr Mölln mit den Worten: „In der Mühlenstraße brennt es! Heil Hitler!“ Durch den Kamineffekt im hölzernen Treppenhaus breitete sich das Feuer sehr schnell aus, so dass es keine Fluchtmöglichkeit mehr über die Treppe gab. Die beiden Mädchen Yeliz Arslan und Ayşe Yılmaz sowie ihre Großmutter Bahide Arslan kamen in den Flammen um; weitere Familienmitglieder wurden beim Sprung aus den Fenstern schwer verletzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Mordanschlag_von_M%C3%B6lln

Ibrahim Arslan, der zum Zeitpunkt des Verbrechens 7 Jahre alt war, überlebte durch die Fürsorge seiner Großmutter Bahide Arslan. In einem Gespräch mit dem NDR (unbedingt lesen bzw. anhören!) schildert er die Umstände:

„Sie hatte mich in nasse Tücher gewickelt und in die Küche gebracht. Beim Versuch, meine Schwester und meine Cousine zu retten, ist sie selbst ums Leben gekommen. Die Feuerwehrleute haben berichtet, dass sie verbrannt ist. Meine Schwester und meine Cousine sind durch Rauchvergiftung gestorben.“

https://www.ndr.de/kultur/Brandanschlag-von-Moelln-Es-gibt-kein-Vertrauen-in-Staat,arslan154.html?fbclid=IwAR33KGYZ_lPkSRfG9jYNIfYar_cHjW8oSmYqZrlFUjZwz3EfWaGTVibkWZI

Ein Skandal ist, dass die Stadt Solidaritätsschreiben und Beileidsbekundungen an die Hinterbleibenen nicht weitergegeben hat. Ibrahim Arslan:

„Bundesweit haben uns Menschen geschrieben, auch aus dem Ausland, aus den Niederlanden, Amerika, selbst aus der Türkei. Diese Briefe wurden zunächst durch die Stadtverwaltung gesammelt und später dem Stadtarchiv übergeben. Erst 27 Jahre später habe ich durch einen Zufall diese Briefe dort entdeckt. Es gab in den Briefen neben Solidaritätsbekundungen auch Vernetzungsangebote von Shoah-Überlebenden. Noch heute bekomme ich Gänsehaut, wenn ich daran denke. Wir haben 20 Jahre lang versucht, Betroffene zu vernetzen. Direkt nach dem Anschlag hätten wir mit den Briefen die Möglichkeit zur Vernetzung gehabt. Und selbst das wurde uns nicht gewährt.“

https://www.ndr.de/kultur/Brandanschlag-von-Moelln-Es-gibt-kein-Vertrauen-in-Staat,arslan154.html?fbclid=IwAR33KGYZ_lPkSRfG9jYNIfY

Der Anschlag fand statt in einem Klima der „Asyldebatte“, die in einer Aushöhlung des im Grundgesetz verankerten Rechts auf Asyl mündete. Nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen Ende August 1992 verkündete der damalige Bundesinnenminister Seiters Wir müssen handeln gegen den Missbrauch des Asylrechts, der dazu geführt hat, dass wir einen unkontrollierten Zustrom in unser Land bekommen haben…“ Nicht gegen die Täter sollte vorgegangen werden, sondern den Opfern wurde die Schuld gegeben.

Mitte Oktober 1992 spricht sich der Bundestag mit den Stimmen der Koalition aus CDU/CSU und FDP für eine Änderung des Asylartikels im Grundgesetz aus. Am 17. November 1992 verabschieden dann die SPD-Delegierten auf einem Sonderparteitag in Bonn Grundsatzbeschlüsse zur Änderung des Asylrechts.

Und wenige Tage nach dem 23. November 1992 weigert sich der damalige Bundeskanzler Kohl, an der Trauerfeier für die Opfer teilzunehmen: Die Bundesregierung wolle nicht in „Beileidstourismus“ verfallen.

Die Morde von 1992 und der Umgang mit ihnen zeigen: Wir, die Zivilgesellschaft, sind gefordert, um unseren Staat demokratisch, solidarisch und vielfältig zu gestalten und zu erhalten. Jede und jeder kann (und muss!) bereit sein, dem Alltagsrassismus entgegen zu treten und gemeinsam mit allen Mitbürger*innen unsere Gesellschaft lebenswert zu gestalten. Das gebietet der Anstand!

Konflikte weltweit – Mahnwache in Waldbröl

Danke an den Waldbröler Freundeskreis Asyl, der am Samstag (12. November 2022) mit einer Mahnwache an die in den Hintergrund geratenen Konflikte und an den Widerstand gegen Krieg und Diktatur in vielen Ländern der Erde erinnert hat. Betroffene, die in Waldbröl Schutz gefunden haben, berichteten von der Lage in ihren Heimatländern. Zum Teil trugen sie ihre Berichte selbst vor, zum Teil übernahmen das Stellvertreterinnen. Eine sehr eindrucksvolle Veranstaltung! Die Texte werden auf der Seite des Freundeskreis Asyl zu lesen sein (www.asyl-waldbroel.de)

Dieter Brüser eröffnete und leitete die Veranstaltung.
Den Text von Latifa Farahmand (die kurzfristig nicht selber teilnehmen konnte) zur Situation in Afghansitan trug Vida Salehi vor. Sie prangerte die Verfolgung der Volksgruppe der Hazara an und schilderte die Unterdrückung der Frauen: „Die Hälfte der Bevölkerung ist zu Hause eingesperrt“
Vida Salehi berichtete vom Aufstand der Frauen im Iran. „Frau – Leben – Freiheit“ Inzwischen sind mehr als 300 Menschen bei Protesten getötet worden. „Wir brauchen euch!“ war ihr Appell an uns.
Massoud Suleyman trug Lieder aus seiner Heimat Syrien vor.
Andrzej Wasilewski aus Polen betreut Geflüchtete aus der Ukraine. Er verlas einen Appell gegen den Krieg und rief zur Solidarität mit der Bevölkerung der Ukraine und mit den Flüchtlingen auf.
Hanna Awad ist vor dem Krieg in Syrien geflohen und lebt in Waldbröl. Seit 4 Jahren engagiert sie sich hier in der Jugendfeuerwehr. Sie rief auf, über den Krieg in der Ukraine den Krieg in Syrien nicht zu vergessen.
Yasin und Kübra Bucak schilderten die Situation in der Türkei, wo Staatspräsident Erdogan seine politischen Gegner zu Terroristen erklärt, wo Folter und willkürliche Verhaftungen an der Tagesordnung sind,
Den Text von Wafa Kekia zur Situation in Eritrea trug Birgit Behrendt vor. Seit 30 Jahren herrscht dort eine brutale Diktatur, vor der inzwischen die Hälfte der Bevölkerung geflohen ist. Die Fluchtwege sind gefährlich, gerade für Frauen. Viele Menschen ertrinken bei der Flucht vor der Gewaltherrschaft im Mittelmeer.
Zum Abschluss sangen alle Beteiligten gemeinsam „We shall overcome“

9. November – Gedenken zur Pogromnacht

In Nümbrecht fand wie jedes jahr eine eindrückliches Gedenken an die Pogromnacht statt.

(Bilder anklicken für eine vergrößerte Ansicht)

Superindendent Braun von ev. Kirchenkreis an der Agger eriinerte an das Stuttgarter Schuldbekenntnis der EKD von 1945, in dem es hieß: „… wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben….“ Er bezeichnete den Antisemitismus Luthers als Sünde und beklagte, dass Luther über die Juden geredet hatte, ohne mit ihnen zu reden.

Schüler*innen des Waldbröler Hollenberg-Gymnasiums erinnerten in ihrem Beitrag u.a. an Ida Steletto und ihren Sohn Dominikus Stiletto, die zeitweise im Oberbergischen wohnten und wegen der jüdischen Abstammung deportiert wurden. Ida Stiletto wurde nach Theresienstadt deportiert und überlebte schwer verletzt, Dominikus Stiletto wurde im Sammellager Köln-Müngersdorf für arbeitsfähig erklärt und musste in Zwangsarbeit leisten.

Wie in jedem Jahr las Marion Reinecke den Kaddisch, den sie in diesem Jahr Meta Herz widmete.

Das Klezmer-Duo Bern Spehl und Georg Brinkmann spielte nach der Gedenkveranstaltung in der Kirche nebenan, Frank Bohlscheid und Norbert Michels lasen aus erschütternden Zeitzeugen-Berichten Holocaust-Überlebender.

Hier ist der Bericht bei Oberberg-Aktuell

Waldbröler Hass-Poster verurteilt

Lothar Gothe ist seit Jahrzehnten gegen alte und neue Nazis aktiv. Als im vergangenen Winter auch in Gummersbach Menschen montags gegen die Corona-Schutzmaßnahmen „spazierten“ und dabei kein Problem damit hatten, dass Rechtsradikale mit ihnen marschierten, schrieb Lothar Gothe einen Leserbrief an die lokalen Zeitungen. In der Folge wurde er im Internet massiv diffamiert und bedroht.

Dagegen hat sich Lothar Gothe zur Wehr gesetzt und geklagt. Jetzt ist der Haupttäter, der auch in Waldbröl solche „Spaziergänge“ organisierte, vom Amtsgericht Waldbröl verurteilt worden. Im Folgenden Auszüge aus dem Urteil:

Der Kläger veröffentlichte in derZeitung „Kölnische Rundschau“ am 07.01.2022 einen Leserbrief, in dem er Stellung zu den Protesten nahm, die sich gegen diese Politik der Bundesregierung richteten. …

Daraufhin veröffentliche der Hass-Poster (im Urteil als „der Beklagte“ bezeichnet) ein halbstündiges Video auf Facebook, in dem er Lothar Gothe auf das Übelste beschimpfte und bedrohte (Zitate aus dem Urteil) :

„Lothar Gothe. Du bist ein elender Bolschewist. Ja, so ein richtiger Bolschewist. Das sind so ziemlich die schlimmsten Menschen, die es jemals gegeben hat und die es heute noch gibt. Ja
und für die Du kämpfst.“
„Ja weil ich habe ihm so viel persönlich zu sagen, was er uns Kindern, die ja in dem, in dem Bericht, wie er sagt, er kümmert sich ja auch um die Jugend und alles und so weiter und so fort. Nein, er vergiftet deren Seelen. Das Einzige, was er macht: er vergiftet deren Seelen. Das ist Lothar Gothe. Da ist nichts Menschliches dran an ihm. Hinterhältig, hinterfotzig. Wie es nur geht. Ja.“

„Dieses Video soll Lothar Gothe erreichen und es freut mich so unglaublich, dass dieser Typ, was ich gerade eben gepostet habe, dass er den Lothar Gothe sogar noch aufgenommen hat, mit in seiner Sendung auf YouTube. Ich find das so genial. Ich finde es fantastisch und es wird auch Zeit, dass er mal die Rechnung bekommt. Es ist vollkommen egal wie alt der Lothar ist. Er ist 71, er hat in diesen 70 Jahren genug, genug Mist gebaut, dass er mehr als eine Strafe verdient. Ja.“

Dies sind nur einige Auszüge aus dem im Urteil angeführten Tatbestand. Weiter heißt es im Urteil:

Der Kläger sah sich nach seinem Leserbrief und nach dem Hochladen des Videos Anfeindungen ausgesetzt (vgl. auch Anlage K4, Bl. 38 f. d. A.).

… Die zulässige Klage ist begründet. …

Der Beklagte hat durch die Aussagen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. …

Der Beklagte kann sich in Bezug auf seine Aussagen nicht auf freie Meinungsäußerung berufen.

Der Anspruch auf Unterlassung in Bezug auf die Äußerung, es werde Zeit, dass der Kläger mal die Rechnung bekomme und mehr als eine Strafe verdiene, ergibt sich aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. 8 241 StGB.
Die im Zusammenhang zu verstehende Aussage, der Kläger solle „mal die Rechnung“ bekommen und verdiene „mehr als eine Strafe“, ist nach Ansicht des Gerichts als Bedrohung mit einer gegen ihn gerichteten Tat gegen die körperliche Unversehrtheit i.S.d. 8 241 StGB aufzufassen.

Der Poster der Hass-Videos wurde verurteilt, das Video zu löschen und natürlich die Kosten des Verfahrens zu tragen, zudem muss er eine Geldstrafe zahlen. Heute (8.11.2022) war das Video auf Facebook noch abrufbar. Jetzt müsste also Punkt 4 des Urteils greifen:

4. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 und gegen Ziffer 3 ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten im Einzelfall angedroht.

Die Lokalpresse hatte am 3.11.2022 berichtet, dass der Täter verurteilt wurde, weil er die Aufmärsche („Spaziergänge“) in Waldbröl organisiert hatte, ohne sie anzumelden. Die massive Beleidigung und die Bedrohung von Lothar Gothe wurden leider mit dem Satz „Zudem hatte ein Bergneustädter in diesem Zusammenhang wegen einer öffentlichen Beleidigung Anzeige gegen den 56-jährigen erstattet“ nur am Rande erwähnt. Wir meinen, dass Lothar Gothes couragiertes Auftreten gegen Hass im Netz und das Urteil mehr Beachtung finden sollten.

Der Beitrag von Lothar Gothe und das vollständige Urteil ist auf www.lothargothe.de zu finden.

Nachtrag 16.11.2022: Nach eigenem Bekunden muss der Hass-Poster ab der nächsten Woche für 27 Tage in Haft. Ob es dabei um nicht bezahlte Gerichtskosten geht oder tatsächlich um das nicht gelöschte Video, ist nicht ganz klar. Er scheint aber nichts gelernt zu haben, sondern inszeniert sich selbst als verfolgter Held.

Radevormwald: Schilder gegen Rassismus wieder angegriffen

Die Stadt Radevormwald hatte Anfang September an den Ortseingängen Schilder mit der Ausschrift „Wir sind bunt! Kein Platz für Rassismus in Radevormwald“ aufgestellt. Schon einen Tag später waren sie mit massiver Gewalt zerstört worden. (Siehe hier)

Natürlich hat Radevormwald sich nicht unterkriegen lassen und neue Schilder aufgestellt. Einige Wochen lang war Ruhe, doch jetzt wurden die Schilder schon wieder angegriffen. Der WDR hat dazu berichtet.

Radevormwald braucht die Solidarität des Oberbergischen Kreises beim Einsatz gegen Rassismus und für eine bunte, vielfältige Gesellschaft!

Völkische Landnahme, Anastasia-Bewegung, Reichsbürger*innen – eine Gefahr im Oberbergischen?

Vortrag mit Andrea Röpke am 27.Oktober 2022

Reichsbürgerinnen und Reichsbürger versuchen im Oberbergischen schon länger, die Staatlichkeit unseres Landes in Frage zu stellen und nach eigenen Gesetzen zu leben. In diesem Sommer wurde bekannt, dass auch „Siedler“ versuchen, nach den Prinzipien der antisemitischen und rassistischen „Anastasia“-Bewegung Höfe zu gründen.
Was steckt dahinter? Auf diese Frage soll ein Vortrag am 27. Oktober 2022, 18.30 Uhr in der TH Gummersbach (Steinmüllerallee 1), Konferenzraum 1.122, Antwort geben.
Es ist uns gemeinsam mit dem Netzwerk gegen Rechts gelungen, die Journalistin und Buchautorin Andrea Röpke für diesen Vortrag zu gewinnen. Frau Röpke ist eine ausgewiesene Kennerin der extrem rechten Szene, sie hat unter anderem (zusammen mit Andreas Speit) das Buch „Völkische Landnahme – Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos“ geschrieben. Sie wird über die Hintergründe und Ziele der Szene informieren, in einer anschließenden Gesprächsrunde wollen wir die Situation bei uns im Oberbergischen betrachten.
Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

Anne-Frank-Ausstellung in der TH Gummersbach

Vom 24. Oktober bis zum 17. November 2022 wird in der Eingangshalle des Campus Gummersbach der TH Köln die große Wanderausstellung des Anne Frank Zentrums in Berlin zu sehen sein. Der Besuch ist von Montag bis Samstag an den Öffnungszeiten der Hochschule möglich.

Mehr über die Ausstellung

Zur Ausstellung gehört ein umfangreiches Begleitprogramm, das hier zusammengestellt ist.

„Lebensmelodien“ in Wiehl

Ein lohnendes Konzert am 19. Oktober

Dem Freundeskreis Wiehl/Jokneam ist es gelungen, eine wunderbare Veranstaltung nach Wiehl zu holen:

Das Projekt „Lebensmelodien“ führt jüdische Melodien auf, die in der Zeit von 1933 bis 1945 komponiert und gesungen, manchmal auch aufgeschrieben wurden. Die Lebensmelodien sind musikalische Werke, die größtenteils in Vergessenheit geraten sind und jetzt, mehr als 77 Jahre später, wieder erklingen sollen. Seit 2022 führt das Team der Lebensmelodien neben Konzerten auch Workshops an Schulen durch. Durch die Konzerte und das Bildungsprojekt vermitteln die Lebensmelodien einen Einblick in die jüdische Kultur und tragen zu einer aktiven Erinnerungskultur in Deutschland und zum Kampf gegen Antisemitismus bei.Dem Freundeskreis Wiehl/Jokneam ist es gelungen, ein Konzert des Projekts „Lebensmelodien“, nach Wiehl zu holen. Die Vorsitzende des Freundeskreis Wiehl/Jokneam, Judith Dürr-Steinhart: „Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein, fördert die Konzertreihe „Lebensmelodien“. Wir freuen uns, dass Dr. Klein speziell für das Wiehler Konzert die Schirmherrschaft übernommen hat.“ Dieses besondere Konzert findet statt am Mittwoch, 19. Oktober, 19:00 Uhr (Einlass: 18.30 Uhr),
in der Wiehltalhalle (Aula des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums), Hauptstraße 81, 51674 Wiehl Der Eintritt ist frei. www.lebensmelodien.com

Nazi-Vandalismus in Radevormwald

Vor etwa 10 Jahren machte die Nazi-Kameradschaft „Freundeskreis Rade“ mit brutalen Angriffen auch überregional Schlagzeilen, eines ihrer Mitglieder wurde wegen Körperverletzung zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach einer Razzia, bei der auch Waffen gefunden wurden, wurde der „Freundeskreis“ verboten. Längere Zeit hat man nicht mehr viel von der rechten Szene aus Radevormwald gehört. Allerdings ist im Stadtrat kontinuierlich eine rechtsextreme Fraktion vertreten: Zuerst war Udo Schäfer mit seinen Gefolgsleuten für „Pro NRW“ im Rat, dann war die Fraktion Teil von „Pro Deutschland„, jetzt ist er als AfD-Vertreter im Stadtrat von Radevormwald und im Kreistag.

In diesem Sommer tauchten in der Umgebung des „Wuppermarkt“ (ein Ladenzentrum in den nördlichen Außenorten an der Wupper) Schmierereien auf: zwei Hakenkreuze und „88“ wurden dort gesprüht.

Fast zur gleichen Zeit wurde ein Beschluss umgesetzt: An den Ortseingängen der Stadt wurden Schilder aufgestellt: „Wir sind bunt! Kein Platz für Rassismus in Radevormwald“ lautete die deutliche Botschaft.

Doch einen Tag später waren diese Schilder mit massiver Gewalt umgerissen und zerstört! Es ist deutlich, dass es sich dabei um einen gezielten und koordinierten Angriff auf die Zivilgesellschaft handelt. Der Rat der Stadt hat in einem gemeinsam (natürlich mit Ausnahme der AfD) unterzeichneten Offenen Brief deutlich Stellung bezogen: Radevormwald wird sich nicht einschüchtern lassen!

Es wäre ein starkes Zeichen der Solidarität, wenn die anderen Kommunen im Kreis die Idee der Stadt Radevormwald aufgreifen und ähnlich deutliche Zeichen gegen Rassismus an ihren Zugangsstraßen setzen würden – gerade jetzt!

Gedenkfahrt zur NS-Zwangsarbeit

Hier der Bericht bei Oberberg-Aktuell

Im Rahmen einer Fahrradtour haben wir mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern einige Gedenkorte zur NS-Zwangsarbeit besucht. Unsere Fahrt am 4. September 2022 begann am Friedhof Klosterstraße in Marienheide. Dort sind 29 Männer und Frauen begraben, die während ihrer Zeit als Zwangsarbeitskräfte oder nach ihrer Befreiung aus den Lagern an den Folgen der Zwangsarbeit gestorben sind. In damals bestehenden Marienheider Krankenhaus wurden nach dem Ende der NS-Herrschaft viele Menschen behandelt, die in Folge der Auszehrung durch die schweren Arbeitsbedingungen an Tuberkulose litten. Diejenigen, die nicht mehr gerettet werden konnten, sind auf dem Friedhof bestattet worden.

Neben den Informationen über die Schicksale, die zu den Namen auf den Grabtafeln gehören, gab es auch einen regen Austausch über die Rekrutierung der Zwangsarbeitskräfte, über ihre Unterbringung und über die beteiligten Firmen.

Die nächste Station der Tour war der Friedhof Gimborn. Dort gab es Informationen zu den unterschiedlichen Gruppen von Menschen, die in den Lagern lebten und starben. In Gimborn sind vier kleine Mädchen bestattet, die in den Lagern geboren waren und dort – meist an mangelhafter Ernährung – gestorben sind. Neben ihnen liegen drei junge Kriegsgefangene, die irgendwo in der Nähe von Madonna oder Blumenau erschossen worden sind.

Um die Lager ging es beim Halt im Leppetal: Dort gab es mehrere Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Vom Lager „Eibacher Hammer“ existieren noch Pläne, die schon im Juni 1940 erstellt wurden. Anhand dieser Pläne wurde vor Ort erläutert, wie das Lager ausgesehen haben muss und wo es stand. Auf einer Fläche von der Größe eines Fußballfelds standen Baracken für 600 Menschen, in einer „Stube“ von der Größe 6m x 8m „wohnten“ 18 Menschen – nicht viel mehr als 2,5 m² pro Person. Die Baracken hatten dünne Wände, sie boten bei Kälte nicht viel Schutz.

Letzte Station war der Friedhof Engelskirchen. Dort sind wegen der Bombenangriffe auf den damaligen Eisenbahnknotenpunkt viele Opfer in einem Massengrab beigesetzt, darunter auch Zwangsarbeiter*innen. Ein Italiener, der im Rahmen von „Transporten“ von Köln ins Oberbergische unterwegs war, hat eine eigene Grabstätte.

Eine Besonderheit in Engelskirchen ist der kyrillisch beschriftete Gedenkstein für „dreiundfünfzig verstorbene russische Bürger“. (Die Bezeichnung „russisch“ wurde oft pauschal für Menschen aus der damaligen Sowjetunion verwendet, unabhängig davon, ob sie aus Belarus, der Ukraine, Russland, Kasachsten usw. kamen.) Der größte Teil von ihnen sind Kriegsgefangene, die Ende 1941 / Anfang 1942 in Hommerich der rücksichtslos brutalen Behandlung des Kommandanten des dortigen Lagers zum Opfer gefallen sind. Über dieses Verbrechen, für das sich der Lagerkommandant 1951 vor Gericht verantworten musste, wurden die Teilnehmenden der Gedenkfahrt zum Abschluss informiert.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben während der Tour, die nur einen kleinen Teil des Komplexes „NS-Zwangsarbeit“ beleuchten konnten, viel Neues erfahren. Es ist wichtig, die Kenntnisse weiter zu verbreiten und auch auf den Friedhöfen – wie es schon in Ründeroth und in Wipperfürth-Kreuzberg geschehen ist – mit Informationstafeln zu erläutern, was die Gedenksteine zu bedeuten haben.