Berichte aus den Lagern

Zum Lager „Eibacher Hammer“ gibt es Original-Pläne, die eine Vorstellung davon geben, wie beengt die Zwangsarbeiter*innen dort leben mussten. Hierzu haben wir eine gesonderte Seite angelegt.

Wie die Situation in den Lagern war, kann man verschiedenen Zeitzeugen-Berichten entnehmen:

Die Zeitzeugin Ludwika Kot-Kukielka erlebte als Kind die deutsche Besetzung Polens, die Verschleppung aus der Heimat nach Deutschland und die Zeit im Lager der Firma Sondermann in Gummersbach. (Den Bericht haben wir mit Genehmigung der Autorin von ihrem in Deutschland lebenden Schwager erhalten)

Im Kriegsgefangenenlager Hommerich wurden russische Kriegsgefangene brutal misshandelt, etwa vierzig von ihnen starben.

Über die Lager im damals zu Lindlar gehörenden Gebiet schreibt Richard Fabritius:

Die Zahl der Fremden in Lindlar nahm immer mehr zu. Es waren nicht nur Flüchtlinge, sondern auch Zwangsarbeiter unterschiedlichster Nationalitäten, die in der Landwirtschaft oder der Industrie vor allem in Kaiserau bei der Firma Schmidt & Clemens arbeiteten. Ein Zeitzeuge erinnert sich an das Lager im Eibacher Hammer: „Hier waren russische Kriegsgefangene inhaftiert. Sie hatten das schlimmste Los, das man sich denken kann. Mehr als zwölf Stunden mußten sie schwerstarbeiten und bekamen kaum etwas zu essen. Wer von denen nicht mehr konnte, wurde gefoltert“. Außerdem gab es in Habbach ein Russenlager. Es war in der Bevölkerung bekannt, daß der SA-Mann F. aus Wipperfürth die Russen bestialisch quälte, aber einzumischen trauten sich nur wenige. Wer den ausgemergelten Gefangenen Brot zusteckte, konnte hart bestraft werden. Aber auch in diesen unmenschlichen Zeiten gab es Menschen mit Zivilicourage. So berichtete ein Zeitzeuge von einem Ingenieur, H.K., der im Lager Hommerich beobachtet hatte, wie Wachhabende einen Russen totschlugen. Er zeigte diese Tat an. Der Erfolg: Die gesamte Wachmannschaft wurde ausgewechselt. Der Mörder wurde wenigstens in eine Strafkompanie verlegt.

Zwischen Russen und Ukrainern wurden deutliche Unterschiede gemacht. Sie wurden in gesonderten Lagern untergebracht. Die Ukrainer wohnten in Niederhabbach. Aus den Feldpost-Sammelbriefen, die die Firma Schmidt & Clemens herausgab und an die Soldaten im Feld schickte, wurde von fast paradiesischen Zuständen berichtet, in denen die Ostarbeiter und Ostarbeiterinnen lebten: „Als vor Jahresfrist die Ostarbeiter und Ostarbeiterinnen bei uns eintrafen, da hat doch mancher ahnungslose Mann aus unseren Bergen sich gewundert über die Rückständigkeit des Lebensniveaus […] Heute [1943] leben unsere Ostarbeiterinnen im Lager Habbach […] Jede Gruppe hat ihre große Lagerstube mit sauberen Betten, einem Ofen und einem gedeckten Tisch. Sauberkeit und Ordnung sind die obersten Gesetze, dagegen darf keiner verstoßen.“ Sie hatten im Gegensatz zu den Russen wohl das große Los gezogen.

Im Saal Spicher in Hartegasse lebten französische Kriegsgefangene. Sie arbeiteten in der Regel in der Landwirtschaft. Mit ihnen gab es kaum Probleme, erzählt ein Zeitzeuge; denn „die meisten von ihnen waren in die Bauernfamilien integriert“. Die in der Firma Schmidt & Clemens dienstverpflichteten ausländischen Arbeiter waren zum Teil im Lager Unterwürden, zum Teil auf dem Werksgelände untergebracht. Vor allem nach Mussolinis Kapitulation arbeiteten hier italienische Kriegsgefangene, die der Werksschutz bewachte, der der Parteileitung unterstellt war.“

Quelle: FABRITIUS, Richard: Lindlar eine Gemeinde im „Dritten Reich“, Zeitgeschichtliche Dokumentation 1933 – 1945, Band 2 Lindlar 1995.

Das Lager Eibacher Hammer (mit freundlicher Genehmigung von F.J. Ufer, Gummersbach-Berghausen, Bildrechte bei F.J. Ufer)

Das Lager „Unter-Würden“ in Kaiserau lag gegenüber der Fabrik Schmidt & Clemens. Der Ort des Lagers ist in einem „Situationsplan des Stahlwerks Schmidt und Clemens“ aus dem Jahr 1943 eingezeichnet:

Situationsplan des Stahlwerks Schmidt und Clemens 1943, Kreisarchiv Rheinisch-Bergischer Kreis, Bestand 45 (Landrat), A 1 (Ausschnitt aus „KRBK_Best_45_A_1_Stahlwerk_Schmidt_Clemens.jpg“ mit freundlicher Genehmigung des Kreisarchivs des Rheinisch-Bergischen Kreises)

Man erkennt im Gelände noch die eingeebnete Fläche, auf der die Baracken standen. Stellenweise findet man Betonstücke von den Fundamenten, auffällig sind zwei Bunker, die vielleicht zu Schutz der Wachmannschaften dienten (Bilder anklicken für vergrößerte Ansicht).

Die Situation im Lager Wiehlmünden (En-1 auf der Karte) und die Lage der dort gefangenen sowjetischen Kriegsgefangenen beschreibt Dr. Frank Gelhausen:

Vermutlich traf Mitte bis Ende November 1941 ein Transport mit etwa 80 sowjetischen Kriegsgefangenen im Gemeindegebiet Ründeroth ein. Diese verblieben einem Zeitungsbericht zufolge zunächst am Bahnhof in Osberghausen (damals Gemeinde Drabenderhöhe / Bielstein), wo sie in Viehwagons der Reichsbahn untergebracht waren. Sie müssen in einem schrecklichen körperlichen Zustand gewesen sein, waren unterernährt, zerlumpt, teilweise verwundet und litten zudem unter einer äußerst mangelhaften Hygiene (Oberbergische Volkszeitung vom 17.7.1982). Es ist darüber hinaus … sehr wahrscheinlich, dass ein Teil der Gefangenen schon mit Fleckfieber infiziert war, als sie am Bahnhof in Osberghausen ankamen. …

Schon kurz nach ihrer Ankunft in Osberghausen muss dann die Einquartierung der sowjetischen Armeeangehörigen in den Saal der ehemaligen Gaststätte Dissmann an der Einmündung der L 336 in die B 55 (heute »Kümmelecke«, früher »Wiehlbrück« genannt.) in Wiehlmünden erfolgt sein. …

Im Lager Wiehlmünden kam es nach der Einquartierung der sowjetischen Kriegsgefangenen vom 27. Nov. 1941 bis zum 27. Dez. 1941 zu mindestens 18 Todesfällen, die auf die Fleckfieberseuche zurückzuführen sind. Zu weiteren drei Todesfällen im Lager Wiehlmünden kam es am 20. April, 17. Aug. sowie am 29. Nov. des Jahres 1942. Ob diese weiteren drei Menschen in Folge der Fleckfieberseuche oder aus anderen Gründen ums Leben kamen, ist heute nicht mehr zu klären. Insgesamt kamen also in Wiehlmünden 21 sowjetische Kriegsgefangene ums Leben. …

Die wohl mit dem Auftreten der ersten Todesfälle vom Wachpersonal benachrichtigten zuständigen Ärzte lehnten eine Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen ab, möglicherweise aus Angst sich selbst zu infizieren. Einzig der Arzt Dr. Karl Hoffmann aus Bielstein zeigte sich bereit, den Kriegsgefangenen zu helfen. Nach den Informationen einer Schulfunksendung aus den 1950er Jahren stellte Dr. Karl Hoffmann bei seinem ersten Besuch im Lager Wiehlmünden, etwa Anfang Dezember 1941, bei allen Internierten Schüttelfrost sowie hohes Fieber fest. Die Kranken zeigten zudem Symptome wie rötliche Punkte auf der Haut. Darüber hinaus bemerkte Hoffmann bei einigen Insassen rötliche Striemen, die offenbar von Misshandlungen stammten. Hoffmann beklagte die unmenschlichen hygienischen Bedingungen und ließ den Saal lüften. Die Verbände der Verwundeten wurden gewechselt. …

Am 10. Dez. 1941 zeigten sich bei Dr. Hoffmann selbst Symptome wie Schüttelfrost und hohes Fieber, worauf er am 16. Dez. 1941 in ein Lazarett nach Köln-Deutz eingeliefert wurde und wenige Tage später, am 22. Dez. 1941, im Alter von 56 Jahren in Köln verstarb.“

Quelle: Dr. Frank Gelhausen „»Fremdarbeiter« in Ründeroth – Die Situation Kriegsgefangener und ziviler ausländischer Arbeitskräfte in der Zeit des 2. Weltkriegs“ erschienen im Band 11 der „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“ des Bergischen Geschichtsvereins, der über folgende Adresse zu beziehen ist: Bergischer Geschichtsverein, Abteilung Oberberg e. V.
Geschäftsstelle, Z.Hd. Herrn Dieter Forst
Hochstraße 10
51645 Gummersbach