Autor: GJ

Waldbröler Hass-Poster verurteilt

Lothar Gothe ist seit Jahrzehnten gegen alte und neue Nazis aktiv. Als im vergangenen Winter auch in Gummersbach Menschen montags gegen die Corona-Schutzmaßnahmen „spazierten“ und dabei kein Problem damit hatten, dass Rechtsradikale mit ihnen marschierten, schrieb Lothar Gothe einen Leserbrief an die lokalen Zeitungen. In der Folge wurde er im Internet massiv diffamiert und bedroht.

Dagegen hat sich Lothar Gothe zur Wehr gesetzt und geklagt. Jetzt ist der Haupttäter, der auch in Waldbröl solche „Spaziergänge“ organisierte, vom Amtsgericht Waldbröl verurteilt worden. Im Folgenden Auszüge aus dem Urteil:

Der Kläger veröffentlichte in derZeitung „Kölnische Rundschau“ am 07.01.2022 einen Leserbrief, in dem er Stellung zu den Protesten nahm, die sich gegen diese Politik der Bundesregierung richteten. …

Daraufhin veröffentliche der Hass-Poster (im Urteil als „der Beklagte“ bezeichnet) ein halbstündiges Video auf Facebook, in dem er Lothar Gothe auf das Übelste beschimpfte und bedrohte (Zitate aus dem Urteil) :

„Lothar Gothe. Du bist ein elender Bolschewist. Ja, so ein richtiger Bolschewist. Das sind so ziemlich die schlimmsten Menschen, die es jemals gegeben hat und die es heute noch gibt. Ja
und für die Du kämpfst.“
„Ja weil ich habe ihm so viel persönlich zu sagen, was er uns Kindern, die ja in dem, in dem Bericht, wie er sagt, er kümmert sich ja auch um die Jugend und alles und so weiter und so fort. Nein, er vergiftet deren Seelen. Das Einzige, was er macht: er vergiftet deren Seelen. Das ist Lothar Gothe. Da ist nichts Menschliches dran an ihm. Hinterhältig, hinterfotzig. Wie es nur geht. Ja.“

„Dieses Video soll Lothar Gothe erreichen und es freut mich so unglaublich, dass dieser Typ, was ich gerade eben gepostet habe, dass er den Lothar Gothe sogar noch aufgenommen hat, mit in seiner Sendung auf YouTube. Ich find das so genial. Ich finde es fantastisch und es wird auch Zeit, dass er mal die Rechnung bekommt. Es ist vollkommen egal wie alt der Lothar ist. Er ist 71, er hat in diesen 70 Jahren genug, genug Mist gebaut, dass er mehr als eine Strafe verdient. Ja.“

Dies sind nur einige Auszüge aus dem im Urteil angeführten Tatbestand. Weiter heißt es im Urteil:

Der Kläger sah sich nach seinem Leserbrief und nach dem Hochladen des Videos Anfeindungen ausgesetzt (vgl. auch Anlage K4, Bl. 38 f. d. A.).

… Die zulässige Klage ist begründet. …

Der Beklagte hat durch die Aussagen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. …

Der Beklagte kann sich in Bezug auf seine Aussagen nicht auf freie Meinungsäußerung berufen.

Der Anspruch auf Unterlassung in Bezug auf die Äußerung, es werde Zeit, dass der Kläger mal die Rechnung bekomme und mehr als eine Strafe verdiene, ergibt sich aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. 8 241 StGB.
Die im Zusammenhang zu verstehende Aussage, der Kläger solle „mal die Rechnung“ bekommen und verdiene „mehr als eine Strafe“, ist nach Ansicht des Gerichts als Bedrohung mit einer gegen ihn gerichteten Tat gegen die körperliche Unversehrtheit i.S.d. 8 241 StGB aufzufassen.

Der Poster der Hass-Videos wurde verurteilt, das Video zu löschen und natürlich die Kosten des Verfahrens zu tragen, zudem muss er eine Geldstrafe zahlen. Heute (8.11.2022) war das Video auf Facebook noch abrufbar. Jetzt müsste also Punkt 4 des Urteils greifen:

4. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 und gegen Ziffer 3 ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten im Einzelfall angedroht.

Die Lokalpresse hatte am 3.11.2022 berichtet, dass der Täter verurteilt wurde, weil er die Aufmärsche („Spaziergänge“) in Waldbröl organisiert hatte, ohne sie anzumelden. Die massive Beleidigung und die Bedrohung von Lothar Gothe wurden leider mit dem Satz „Zudem hatte ein Bergneustädter in diesem Zusammenhang wegen einer öffentlichen Beleidigung Anzeige gegen den 56-jährigen erstattet“ nur am Rande erwähnt. Wir meinen, dass Lothar Gothes couragiertes Auftreten gegen Hass im Netz und das Urteil mehr Beachtung finden sollten.

Der Beitrag von Lothar Gothe und das vollständige Urteil ist auf www.lothargothe.de zu finden.

Nachtrag 16.11.2022: Nach eigenem Bekunden muss der Hass-Poster ab der nächsten Woche für 27 Tage in Haft. Ob es dabei um nicht bezahlte Gerichtskosten geht oder tatsächlich um das nicht gelöschte Video, ist nicht ganz klar. Er scheint aber nichts gelernt zu haben, sondern inszeniert sich selbst als verfolgter Held.

Radevormwald: Schilder gegen Rassismus wieder angegriffen

Die Stadt Radevormwald hatte Anfang September an den Ortseingängen Schilder mit der Ausschrift „Wir sind bunt! Kein Platz für Rassismus in Radevormwald“ aufgestellt. Schon einen Tag später waren sie mit massiver Gewalt zerstört worden. (Siehe hier)

Natürlich hat Radevormwald sich nicht unterkriegen lassen und neue Schilder aufgestellt. Einige Wochen lang war Ruhe, doch jetzt wurden die Schilder schon wieder angegriffen. Der WDR hat dazu berichtet.

Radevormwald braucht die Solidarität des Oberbergischen Kreises beim Einsatz gegen Rassismus und für eine bunte, vielfältige Gesellschaft!

Völkische Landnahme, Anastasia-Bewegung, Reichsbürger*innen – eine Gefahr im Oberbergischen?

Vortrag mit Andrea Röpke am 27.Oktober 2022

Reichsbürgerinnen und Reichsbürger versuchen im Oberbergischen schon länger, die Staatlichkeit unseres Landes in Frage zu stellen und nach eigenen Gesetzen zu leben. In diesem Sommer wurde bekannt, dass auch „Siedler“ versuchen, nach den Prinzipien der antisemitischen und rassistischen „Anastasia“-Bewegung Höfe zu gründen.
Was steckt dahinter? Auf diese Frage soll ein Vortrag am 27. Oktober 2022, 18.30 Uhr in der TH Gummersbach (Steinmüllerallee 1), Konferenzraum 1.122, Antwort geben.
Es ist uns gemeinsam mit dem Netzwerk gegen Rechts gelungen, die Journalistin und Buchautorin Andrea Röpke für diesen Vortrag zu gewinnen. Frau Röpke ist eine ausgewiesene Kennerin der extrem rechten Szene, sie hat unter anderem (zusammen mit Andreas Speit) das Buch „Völkische Landnahme – Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos“ geschrieben. Sie wird über die Hintergründe und Ziele der Szene informieren, in einer anschließenden Gesprächsrunde wollen wir die Situation bei uns im Oberbergischen betrachten.
Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

Anne-Frank-Ausstellung in der TH Gummersbach

Vom 24. Oktober bis zum 17. November 2022 wird in der Eingangshalle des Campus Gummersbach der TH Köln die große Wanderausstellung des Anne Frank Zentrums in Berlin zu sehen sein. Der Besuch ist von Montag bis Samstag an den Öffnungszeiten der Hochschule möglich.

Mehr über die Ausstellung

Zur Ausstellung gehört ein umfangreiches Begleitprogramm, das hier zusammengestellt ist.

„Lebensmelodien“ in Wiehl

Ein lohnendes Konzert am 19. Oktober

Dem Freundeskreis Wiehl/Jokneam ist es gelungen, eine wunderbare Veranstaltung nach Wiehl zu holen:

Das Projekt „Lebensmelodien“ führt jüdische Melodien auf, die in der Zeit von 1933 bis 1945 komponiert und gesungen, manchmal auch aufgeschrieben wurden. Die Lebensmelodien sind musikalische Werke, die größtenteils in Vergessenheit geraten sind und jetzt, mehr als 77 Jahre später, wieder erklingen sollen. Seit 2022 führt das Team der Lebensmelodien neben Konzerten auch Workshops an Schulen durch. Durch die Konzerte und das Bildungsprojekt vermitteln die Lebensmelodien einen Einblick in die jüdische Kultur und tragen zu einer aktiven Erinnerungskultur in Deutschland und zum Kampf gegen Antisemitismus bei.Dem Freundeskreis Wiehl/Jokneam ist es gelungen, ein Konzert des Projekts „Lebensmelodien“, nach Wiehl zu holen. Die Vorsitzende des Freundeskreis Wiehl/Jokneam, Judith Dürr-Steinhart: „Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein, fördert die Konzertreihe „Lebensmelodien“. Wir freuen uns, dass Dr. Klein speziell für das Wiehler Konzert die Schirmherrschaft übernommen hat.“ Dieses besondere Konzert findet statt am Mittwoch, 19. Oktober, 19:00 Uhr (Einlass: 18.30 Uhr),
in der Wiehltalhalle (Aula des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums), Hauptstraße 81, 51674 Wiehl Der Eintritt ist frei. www.lebensmelodien.com

Nazi-Vandalismus in Radevormwald

Vor etwa 10 Jahren machte die Nazi-Kameradschaft „Freundeskreis Rade“ mit brutalen Angriffen auch überregional Schlagzeilen, eines ihrer Mitglieder wurde wegen Körperverletzung zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach einer Razzia, bei der auch Waffen gefunden wurden, wurde der „Freundeskreis“ verboten. Längere Zeit hat man nicht mehr viel von der rechten Szene aus Radevormwald gehört. Allerdings ist im Stadtrat kontinuierlich eine rechtsextreme Fraktion vertreten: Zuerst war Udo Schäfer mit seinen Gefolgsleuten für „Pro NRW“ im Rat, dann war die Fraktion Teil von „Pro Deutschland„, jetzt ist er als AfD-Vertreter im Stadtrat von Radevormwald und im Kreistag.

In diesem Sommer tauchten in der Umgebung des „Wuppermarkt“ (ein Ladenzentrum in den nördlichen Außenorten an der Wupper) Schmierereien auf: zwei Hakenkreuze und „88“ wurden dort gesprüht.

Fast zur gleichen Zeit wurde ein Beschluss umgesetzt: An den Ortseingängen der Stadt wurden Schilder aufgestellt: „Wir sind bunt! Kein Platz für Rassismus in Radevormwald“ lautete die deutliche Botschaft.

Doch einen Tag später waren diese Schilder mit massiver Gewalt umgerissen und zerstört! Es ist deutlich, dass es sich dabei um einen gezielten und koordinierten Angriff auf die Zivilgesellschaft handelt. Der Rat der Stadt hat in einem gemeinsam (natürlich mit Ausnahme der AfD) unterzeichneten Offenen Brief deutlich Stellung bezogen: Radevormwald wird sich nicht einschüchtern lassen!

Es wäre ein starkes Zeichen der Solidarität, wenn die anderen Kommunen im Kreis die Idee der Stadt Radevormwald aufgreifen und ähnlich deutliche Zeichen gegen Rassismus an ihren Zugangsstraßen setzen würden – gerade jetzt!

Gedenkfahrt zur NS-Zwangsarbeit

Hier der Bericht bei Oberberg-Aktuell

Im Rahmen einer Fahrradtour haben wir mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern einige Gedenkorte zur NS-Zwangsarbeit besucht. Unsere Fahrt am 4. September 2022 begann am Friedhof Klosterstraße in Marienheide. Dort sind 29 Männer und Frauen begraben, die während ihrer Zeit als Zwangsarbeitskräfte oder nach ihrer Befreiung aus den Lagern an den Folgen der Zwangsarbeit gestorben sind. In damals bestehenden Marienheider Krankenhaus wurden nach dem Ende der NS-Herrschaft viele Menschen behandelt, die in Folge der Auszehrung durch die schweren Arbeitsbedingungen an Tuberkulose litten. Diejenigen, die nicht mehr gerettet werden konnten, sind auf dem Friedhof bestattet worden.

Neben den Informationen über die Schicksale, die zu den Namen auf den Grabtafeln gehören, gab es auch einen regen Austausch über die Rekrutierung der Zwangsarbeitskräfte, über ihre Unterbringung und über die beteiligten Firmen.

Die nächste Station der Tour war der Friedhof Gimborn. Dort gab es Informationen zu den unterschiedlichen Gruppen von Menschen, die in den Lagern lebten und starben. In Gimborn sind vier kleine Mädchen bestattet, die in den Lagern geboren waren und dort – meist an mangelhafter Ernährung – gestorben sind. Neben ihnen liegen drei junge Kriegsgefangene, die irgendwo in der Nähe von Madonna oder Blumenau erschossen worden sind.

Um die Lager ging es beim Halt im Leppetal: Dort gab es mehrere Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Vom Lager „Eibacher Hammer“ existieren noch Pläne, die schon im Juni 1940 erstellt wurden. Anhand dieser Pläne wurde vor Ort erläutert, wie das Lager ausgesehen haben muss und wo es stand. Auf einer Fläche von der Größe eines Fußballfelds standen Baracken für 600 Menschen, in einer „Stube“ von der Größe 6m x 8m „wohnten“ 18 Menschen – nicht viel mehr als 2,5 m² pro Person. Die Baracken hatten dünne Wände, sie boten bei Kälte nicht viel Schutz.

Letzte Station war der Friedhof Engelskirchen. Dort sind wegen der Bombenangriffe auf den damaligen Eisenbahnknotenpunkt viele Opfer in einem Massengrab beigesetzt, darunter auch Zwangsarbeiter*innen. Ein Italiener, der im Rahmen von „Transporten“ von Köln ins Oberbergische unterwegs war, hat eine eigene Grabstätte.

Eine Besonderheit in Engelskirchen ist der kyrillisch beschriftete Gedenkstein für „dreiundfünfzig verstorbene russische Bürger“. (Die Bezeichnung „russisch“ wurde oft pauschal für Menschen aus der damaligen Sowjetunion verwendet, unabhängig davon, ob sie aus Belarus, der Ukraine, Russland, Kasachsten usw. kamen.) Der größte Teil von ihnen sind Kriegsgefangene, die Ende 1941 / Anfang 1942 in Hommerich der rücksichtslos brutalen Behandlung des Kommandanten des dortigen Lagers zum Opfer gefallen sind. Über dieses Verbrechen, für das sich der Lagerkommandant 1951 vor Gericht verantworten musste, wurden die Teilnehmenden der Gedenkfahrt zum Abschluss informiert.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben während der Tour, die nur einen kleinen Teil des Komplexes „NS-Zwangsarbeit“ beleuchten konnten, viel Neues erfahren. Es ist wichtig, die Kenntnisse weiter zu verbreiten und auch auf den Friedhöfen – wie es schon in Ründeroth und in Wipperfürth-Kreuzberg geschehen ist – mit Informationstafeln zu erläutern, was die Gedenksteine zu bedeuten haben.

30 Jahre nach den Pogromen von Rostock:

Gemeinsam und entschieden gegen Rechts – immer und überall!

Vor 30 Jahren, vom 22. bis zum 24. August 1992, randalierte ein rechtsextremer Mob in Rostock-Lichtenhagen. Junge Nationalisten und Rassisten griffen das „Sonnenblumen-Haus“ an, in dem sich die „Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber“ und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter*innen befand – und Tausende standen dabei und klatschten Beifall. Die Polizei zog sich zeitweise zurück und überließ den Angreifern das Feld. Am 24. August wurde zunächst die Aufnahmestelle evakuiert. Am Abend schlugen die Nazis die Fenster des Wohnheims ein und warfen Brandsätze in das Haus, die vietnamesischen Bewohner*innen retteten sich über das Dach des Hauses und wurden schließlich, als Polizei und Feuerwehr endlich vor Ort waren, mit Bussen evakuiert.

Screenshot aus „The Truth lies in Rostock“

Die Ereignisse sind sehr gut dokumentiert im Film „The Truth lies in Rostock“ und im wikipedia-Artikel „Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen“

Die Reaktionen der Politiker waren beschämend: „Der Staat muss jetzt handeln“, kündigte der damalige Bundesinnenminister Seiters an, „Wir müssen handeln gegen den Missbrauch des Asylrechts, der dazu geführt hat, dass wir einen unkontrollierten Zustrom in unser Land bekommen haben…“ Nicht gegen die Täter sollte vorgegangen werden, sondern den Opfern wurde die Schuld gegeben.

Das Verhalten der Regierenden führte nicht zu einer Deeskalation, denn es gab den Tätern Recht und bestärkte sie in ihrem Handeln. In den folgenden Wochen wurden 40 weitere Wohnheime von Nazis angegriffen. Als dann am 17. November 1992 auch die SPD den Beschluss fasste, die Einschränkung des Grundrechts auf Asyl mitzutragen, zündeten sechs Tage später Neonazis ein Haus in Mölln an, drei türkischstämmige Frauen kamen in den Flammen um.

Und als Ende Mai 1993 die entsprechende Grundgesetzänderung tatsächlich im Bundestag beschlossen wurde, brannte drei Tag später das Haus der Familie Genç in Solingen – fünf Menschen starben.

Die schrecklichen Ereignisse von 1992/93 haben gezeigt: Man kann Nazis nicht bekämpfen, indem man ihnen nachgibt und ihre Forderungen erfüllt. Das haben die Menschen auch damals erkannt: Hunderttausende gingen Ende 1992 auf die Straßen gegen den Hass, sie forderten ein Zusammenstehen gegen Rassismus. Nach den Morden von Solingen gab es wieder Demonstrationen, auch in Gummersbach. Und dieser Geist der Solidarität, des gemeinsamen Einstehens für die Menschenwürde und gegen den Hass ist das, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Nicht immer müssen das große Demonstrationen sein, wichtig ist das alltägliche solidarische Miteinander.

Aber wir müssen wachsam bleiben: Auch wenn zur Zeit keine Brandsätze geworfen werden – die Brandstifter sind nicht verschwunden. Sie sitzen sogar in unseren Parlamenten. Eine demokratische, offene, gleich­berechtigte Gesellschaft gibt es nicht geschenkt. Wir müssen täglich dafür eintreten. Rechten Populisten, Rassisten und Nationalisten dürfen wir keinen Raum bieten. Gemeinsam und entschieden gegen Rechts – immer und überall!

Ob bei Sonnenschein vor der Halle 32 gegen die AfD …
…oder bei Regen mit einer Menschenkette gegen Rassismus: Gemeinsam gegen Rechts!

Spannende Begegnungen bei der 3. Oberbergischen Frag-mich-Messe

Als der Verein „Unser Oberberg ist bunt – nicht braun“ Ende letzten Jahres die Planung der 3. Oberbergischen Frag-mich-Messe in Angriff genommen hat, sollte sie im Nordkreis stattfinden. Wir sprachen die Bürgergruppierung Wir sind mehr im Bergischen aus Hückeswagen an, ob sie sich eine Kooperation mit uns vorstellen könnten. Nachdem klar war, worum es geht, gab es sofort Zustimmung, und die Vorbereitungsgruppe, der auch Mitglieder vom Netzwerk gegen Rechts im Oberbergischen Kreis, von der Fraueninitiative Viola und vom Caritasverband Oberberg angehören, konnten bereits Anfang dieses Jahres mit der konkreten Planung beginnen.
Mit einfühlsamen Liedern stimmte die Sängerin Mehrra Solh, gemeinsam mit ihrem Mann Daniel Zielke, in den Nachmittag ein.


Diese besondere Veranstaltung fand im Kultur-Haus Zach, Hückeswagen – unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Dietmar Persian – mit 40 Teilnehmenden statt. Sie war die dritte in der Reihe nach der ersten 2019 in Waldbröl und der zweiten im letzten Jahr in Bergneustadt.
Wie in anderen Kommunen leben auch in Hückeswagen Menschen aus verschiedenen Kulturen seit vielen Jahren harmonisch zusammen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, gegenseitige Ängste und Vorurteile zu überwinden. Dies gelingt am besten, wenn wir die Haltung und den Hintergrund unseres Gegenübers verstehen. Und gerade in Krisenzeiten – in denen wir uns derzeit befinden – in denen rechte Parteien und Gruppen versuchen, durch Hass und Rassismus die Gesellschaft zu spalten, ist es besonders wichtig, den Zusammenhalt zu stärken. Dies ist wieder einmal mit der Oberbergischen Frag-mich-Messe gelungen.
Alle Beteiligten waren hoch zufrieden mit dem Verlauf der anspruchsvollen Veranstaltung, die sich den Themen Kultur, Tod und Trauer, lebenslanges Lernen und Solidarität widmete. Orientierung bei der Umsetzung gab die Dialog-Methode von David Bohm.

Die Teilnehmenden gingen mit großem Respekt, würdevoll und auf Augenhöhe miteinander um. Die angebotenen vier Themen waren so ausgewählt, dass jede und jeder etwas dazu sagen konnte, ganz gleich, mit welchem Hintergrund die Menschen dabei waren, denn es ging in erster Linie darum, Begegnung zu schaffen und zu vertiefen.
Um die Kontaktaufnahme zu erleichtern wurden sogenannte Dialogtische eingerichtet, an denen es jeweils um eines der Themen ging. An jedem Tisch saß eine „Frag-mich-Person“, die sich gern dazu befragen ließ. Anregungen zu Fragestellungen gaben Impulsfragen, die – ebenso wie die Hinweise zur Methode (Wie funktioniert das hier?) – auf den jeweiligen Tischen auslagen.


So haben auch Menschen, die für bestimmte Themen eine Expertise haben, festgestellt, dass sie durch die Sichtweise anderer Personen neue Erkenntnisse für sich selbst gewinnen konnten.
Ein junger syrischer Teilnehmer zog das Fazit: „Von Menschen, die viele soziale Kontakte und große Erfahrung haben, kann man am besten lernen.“
Ein weiterer Teilnehmer brachte einen Gedanken aus dem Tanztraining ein: „Harmonie geht vor Figur.“
Eine Erkenntnis aus einem weiteren Gespräch: „Wir wissen viel zu wenig darüber, wie wir muslimische Menschen im Trauerfall begleiten und ihnen somit helfen können.“
Die Gespräche an den Dialogtischen waren intensiv und ausdauernd und an jedem Tisch jedes Mal – je nach Zusammensetzung der Teilnehmenden – unterschiedlich.


Die veranstaltenden Organisationen wünschen sich eine Fortsetzung der Reihe im nächsten Jahr. Eine Kommune, die Interesse daran hat, eine Frag-mich-Messe vor Ort durchzuführen, kann sich gern unter info@oberberg-ist-bunt.org melden oder bei den anderen beteiligten Organisationen.

Hier der Bericht aus der Bergischen Morgenpost

Gemeinsam gegen Rechts – immer und überall!

Ein abgelegener Platz am Rande des Gummersbacher Hexenbuchs, ein Sonntagnachmittag im August: Eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger steht zusammen, um daran zu erinnern, dass hier vor 95 Jahren ein Zeichen für die Demokratie in der Weimarer Republik gesetzt wurde, das wenige Jahre später von den Nazis geschändet und abgerissen wurde.

Am 14. August 1927 waren bei strömendem Regen 20 Gruppen des „Reichsbanners“ in Gummersbach zusammen gekommen – auch aus Aachen, Köln, Solingen und Wuppertal. Und es war ein bedeutendes Zeichen, dass der katho­lische Arbeiter- und Meisterverein und der katholische Gesellenverein dabei waren. Es ging darum, sich gegen die immer stärker werdende Entwicklung nach Rechts zu positionieren. Man muss sich das einmal klarmachen: Nach dem plötzlichen Tod Friedrich Eberts war Hindenburg zum Reichspräsidenten gewählt worden – der Hinden­burg, der im 1. Weltkrieg praktisch als Führer der Obersten Heeresleitung eine Militärdiktatur angeführt hatte, der Hindenburg, der mit der „Dolchstoßlegende“ die Demokratinnen und Demo­kraten für die militärische Niederlage der kaiserlichen Armee verantwortlich gemacht hatte (besser kann auch Donald Trump nicht die Wahrheit verdrehen) – dieser Antidemokrat wurde 1925 zum Präsidenten der ersten deutschen Republik. Vorher waren mit den Ministern Erz­berger und Rathenau zwei entschiedene Demokraten von nationalistischen Monarchisten auf offener Straße ermordet worden – Rathenau ganz klar mit antisemitischen Motiven.

In dieser Situation war das Zeichen, das mit diesem Denkmal gesetzt wurde, von enormer Bedeutung.

An dieses Ereignis haben wir 95 Jahre später, am 14. August 2022, erinnert. Vertreter der demokratischen Parteien im Gummersbacher Stadtrat und Bürgermeister Helmenstein sprachen ihre Anerkennung für die Demokraten Ebert, Rathenau und Erzberger aus und warnten vor den demokratiefeindlichen Tendenzen heute.

Hier geht es zum Bericht von Oberberg-Aktuell

Martina Jurkschat begrüßt die Anwesenden im Namen von „Unser Oberberg ist bunt, nicht braun!“
Bürgermeister Helmenstein bei seiner Ansprache

Bürgermeister Helmenstein erinnerte daran, dass auch Friedrich Ebert – obwohl wenn er nicht direkt ermordet wurde – als Opfer der Rechtsextremen zu zählen ist. Sein Tod hing unmittelbar damit zusammen, dass er wegen eines Prozesses, den er wegen einer Verleumdung durch Rechtsextreme anstrengen musste, eine lebenswichtige Operation verschoben hatte.

SPD-Sprecher Thorsten Konzelmann erinnerte an Friedrich Ebert

Thorsten Konzelmann dankte dem Verein „Unser Oberberg ist bunt, nicht braun!“ für die Initiative, an das Denkmal zu erinnern. Im weiteren Verlauf seines Beitrags ging er auf den politischen Werdegang Friedrich Eberts und dessen Position innerhalb der SPD ein.

Für die CDU sprach Rainer Sülzer

Rainer Sülzer betonte, wie wichtig es ist, dass die Demokratinnen und Demokraten für ihre Werte einstehen und sie verteidigen.

Lothar Winkelhoch sprach für Bündnis90/DIE GRÜNEN
Jan Köstering sprach für DIE LINKE
Jürgen Woelke von der FDP

Jürgen Woelke erinnerte daran, dass es gerade in der Umgebung des Denkmals viele Straßen gibt, die nach Generälen und Militaristen benannt sind. Es sei höchste Zeit, Straßen in Gummersbach nach vorbildlichen Demokraten zu benennen.

Die Vertreter der Parteien und die Organisator*innen am ehemaligen Standort des Denkmals

1933 konnten die Nazis an die Macht kommen, Andersdenkende gnadenlos verfolgen und umbringen, dann in ihrem Rassenwahn Juden, Sinti und Roma zu Millionen ermorden und die Welt mit einem Krieg überziehen, der 50 Millionen Menschen das Leben kostete. Damit so etwas nie wieder geschieht, müssen die Demokratinnen und Demokraten gemeinsam und entschieden gegen Rechts eintreten – immer und überall!

Hier ist unser Bericht über das Denkmal zu lesen

Ein Original-Bericht über die Einweihung des Denkmals ist im digitalen Zeitungs-Archiv NRW zu finden: https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/4126988

AfD-Sommerfest – Kein harmloses Vergnügen

Das angekündigte „Sommerfest“ der AfD Hückeswagen, Wipperfürth und Radevormwald am 13. August 2022 ist keineswegs ein harmloses Vergnügen.

Auf den Facebook-Seiten der AfD Wipper­fürth und der AfD Hückeswagen wird ein Sommerfest für den 13. August angekün­digt, die Hückes­wagener Version bezieht auch Radevormwald mit ein. Der Ort wur­de noch nicht bekannt gegeben, es soll aber „in Wipperfürth“ sein.

Screenshot: Facebook-Seite der AfD Hücheswagen vom 31.7.2022

Ist so etwas eine Erwähnung wert? Wenn die unter sich sind, grillen, Bier trinken und viel­leicht sogar Spaß haben – kann uns das nicht egal sein? Müssen wir jetzt so humorlos sein, dass wir denen nicht ein kleines unpolitisches Vergnügen gönnen?

Leider ist das Sommerfest ganz und gar nicht harmlos und unpolitisch:

Uns liegt eine Mitteilung des Hückeswagener AfD-Funktionärs Markus Lietza an die Presse vor, aus der hervorgeht, dass bis zu 200 Personen erwartet werden. Das sieht schon einmal gar nicht nach einer kleinen internen Feier aus. Angekündigt werden als Gäste fünf Bundestags­abgeordnete, drei Landtagsabgeordnete sowie ein „Über­raschungsgast“.

(Bei dem „Über­raschungsgast könnte es sich um den Dortmunder Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich handeln, der zwar auf der Liste der AfD in den Bundestag gewählt wurde, aber nicht in die Fraktion aufgenommen ist, weil seine Äußerungen selbst der AfD zu radikal waren. Er kommt auf der Facebook-Seite der „Junge Alternative“ ausführlich zu Wort. )

Besonders erwähnt wird Carlo Clemens, der Bundesvorsitzende der als rechtsextrem eingestuften „Junge Alternative“. Zu dieser extrem rechten Gruppierung in­nerhalb der AfD hält die Wipperfürther Parteigliederung nach eigenem Bekunden beson­ders gute Verbindungen. Nach einem Besuch des „JA“-Vorstands in Wipperfürth Anfang Juni 2022 wurde auf Facebook betont, dass viele Mitglieder der AfD in Wipper­fürth zwischen 22 und 31 Jahren alt seien und es daher an der Zeit sei, „die Freund­schaft zu vertiefen“. In dem Post wird an­gekündigt: „Parallel wurde für Mitte August ein Sommerfest in Wipper­fürth ge­plant. Ein Sommerfest der AfD Rade­vormwald, der AfD Hückeswagen und der AfD Wipperfürth unter Federführung der Junge Alternative für Deutschland.“ Es geht also darum, zum einen den Rechts­ruck innerhalb der AfD weiter zu befördern und zum anderen junge Leute für die AfD zu gewinnen und sie im Jugendverband weiter zu radikalisieren.

Screenshot von der Fachebook-Seite der AfD Wipperfürth

Der Hückeswagener AfD-Ratsherr Markus Lietza möchte bei diesem Radikalisierungs­prozess die Führung behalten. Wörtlich heißt es in seiner Mitteilung an die Presse zur Be­gründung der Veranstaltung (Rechtschreibung und Grammatik so im Original) :

Der Grund hierzu ist, dass die AfD Hückeswagen, Ihre Mitgliederzahl mehr als verdoppelt hat und auch durch die Hückeswagener AfD die Wipperfürther AfD stark wächst.

Des Weitern konnte die Junge Alternative Wipperfürth und Hückeswagen bereichern, die nun besonders Stark unter der Führung Hückeswagen in Wipperfürth ist.“

(Interessant ist, dass beim AfD-Kreisverband Oberberg bis heute (3.8.2022) kein Sommer­fest erwähnt ist.)

Es handelt sich bei der geplanten Veranstaltung auf dem Gebiet der Stadt Wipperfürth also keines­wegs um eine harmlose private Feier, sondern um ein gefährliches Radikalisierungstreffen alter und neuer Rechtsextremer. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass der Ort (bisher, Stand 3.8.2022) nicht öffentlich bekannt gemacht wird.

Erinnerung an das Ebert-Rathenau-Erzberger-Denkmal

Vor 95 Jahren, am 14. August 1927, wurde in Gummersbach ein Denkmal eingeweiht, das an den ersten Präsi­denten der Weimarer Republik, Friedrich Ebert, und die von Rechtsterroristen ermordeten Minister Matthias Erzberger und Walther Rathenau erinnerte.

Angesichts der immer stärker werdenden reaktionären rechtsextremen Umtriebe in Deutschland – immerhin war inzwischen Hindenburg Reichspräsident geworden – gab es in ganz Deutschland die Be­strebung, mit Mahnmalen für die Republik ein Zeichen für die Demokratie zu setzen.

Wie in anderen Städten wurde auch in Gummersbach das Denkmal nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler geschändet: 1933 wurden die Plaketten abgerissen, 1935 wurden der Sockel abgerissen, um aus den Steinen eine Rednertribüne für die NSDAP-Kreisparteitage in der Lochwiese zu bauen.

Heute wissen wir, welche Verbrechen die NS-Barbaren angerichtet haben. Dennoch finden anti­demokratische Tendenzen Zulauf, morden Rechtsterroristen politische Gegner wie den Kasseler Regierungspräsidenten Lübke und Mitbürger*innen, die nicht in ihr rassistisches Weltbild passen. Holocaust-Verharmlosung und antisemitische Schablonen finden bis in die Mitte der Gesellschaft hinein Zustimmung.

Das wollen wir zum Anlass nehmen, 95 Jahre nach der Einweihung des Gummersbacher Ebert-Rathenau-Erzberger-Denkmals daran zu erinnern, dass wir gemeinsam für die Demokratie, für Vielfalt und Toleranz, einstehen müssen – immer und überall!

Vertreter*innen der Gummersbacher Parteien Bündnis90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE, FDP und SPD haben ihre Teilnahme an der Veranstaltung zugesagt.

Wir treffen uns am 14. August 2022 um 14 Uhr am ehemaligen Standort des Denkmals.