30. Januar 1933: Der Weg in die faschistische Diktatur

Zur Vorgeschichte

In der Zeit der Weimarer Republik haben reaktionär-nationalistische Kräfte immer wieder die Demokratie angegriffen (Kapp-Putsch 1920, Ermordung Erzbergers 1921, Ermordung Rathenaus 1922, Hitler-Putsch 1923). Ab 1930 war die NSDAP bei den Wahlen immer stärker geworden, im Sommer 1932 erreichte sie 37,3%. Bei Neuwahlen im November 1932 gab es aber eine Trend­wende: Die NSDAP erhielt nur noch 33,1%. Aus ihrer Sicht war es also höchste Zeit, an die Macht zu kommen – wenn das auf legalem Wege geschehen sollte.

Die Übergabe der Macht an Hitler

Am 30. Januar 1933 ernannte dann der damalige Reichspräsident Hindenburg den NSDAP-Vor­sitzenden Adolf Hitler zum Reichskanzler. Es war noch keine Alleinherrschaft der NSDAP, sondern (bis zum Sommer 1933) eine Koalitionsregierung mit anderen nationalistischen Kräften von der deutsch-nationalen Volkspartei.

Die Reaktionen

Die Nazis feierten mit organisierten Fackel­zügen.

Viele Demokrat*innen haben die Nazis unter­schätzt. So schrieb Edmund Schiefeling, Heraus­geber der Bergischen Wacht und dem Zentrum zugehörig, am 30. Januar unter der Überschrift „Nun lasst Herrn Hitler dran“: „… Wir sind Demokraten und kön­nen daher nicht dagegen sein, daß die stärkste Partei, die das Volk gewählt hat (gleichwohl wodurch und in­folge wessen gewählt hat), die Führung übernimmt und die Regierung bildet. …“. Keine sechs Wochen später überfielen SA-Trupps die Druckerei der Bergischen Wacht.

Die KPD rief zum Generalstreik auf, die Wirkung des Aufrufs blieb gering.

Die Gewerkschaften und die SPD erkannten die Gefahr, die von der neuen Regierung ausging, riefen aber zur „Besonnenheit“ auf.

Maßnahmen der Hitler-Regierung im Februar 1933

Schon am 31. Januar waren kommunistische Zeitungen beschlagnahmt worden. Der Februar 1933 brachte dann Schlag auf Schlag drastische Einschränkungen der Freiheit.

1. Februar: Auflösung des Reichstags, um Neuwahlen durchzuführen

4. Februar: Einschränkung der Presse- und Versammlungsfreiheit per Notverordnung

22. Februar: Göring bildet in Preußen eine Hilfspolizei, deren Mitglieder aus SA, SS und „Stahlhelm“ rekrutiert werden, und ermuntert sie zum „fleißigen Gebrauch der Schußwaffe“.

27. Februar: Reichstagsbrand – Verhaftungswelle gegen Kommunisten und Juden

28. Februar: Weitere Einschränkungen der Pressefreiheit, weitreichende Befugnisse für die Polizei, Verbot des „Vorwärts“ (SPD-Zeitung)

März 1933: Reichstagswahl – Tag von Potsdam – Ermächtigungsgesetz

Die Neuwahlen am 5. März brachten nicht das von den Nazis erhoffte Ergebnis: Trotz des Terrors gegen Kommunisten und Sozialdemokraten erhielten die linken Parteien beachtliche Anteile (SPD 18,3%, KPD 12,3%), die NSDAP verfehlte mit 43,9% die absolute Mehrheit.

Die Ergebnisse im Oberbergischen waren sehr unterschiedlich: In den katholischen Kommunen blieb das Zentrum die stärkste Kraft, in einigen Gemeinden im Südkreis erreichte die NSDAP extrem hohe Anteile (Nümbrecht, Marienberg­hausen, Denklingen, Waldbröl). Eine Übersicht für alle Kommunen ist hier zu sehen.

Um ihre Macht zu festigen, brauchten die Nazis zu­nächst noch bürgerlich-konservative Unter­stützer. Hier leistete Reichspräsident Hindenburg unschätz­bare Dienste: Beim „Tag von Potsdam“ am 21. März begrüßte Hindenburg Hitler mit einem Handschlag, der einem „Ritterschlag“ gleichkam. Das Bild mit Hindenburg, Hitler und einem Ver­treter der Reichs­wehr machte die Nazis bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein „salonfähig“.

Am selben Tag wurden in Dachau und Oranienburg die ersten KZs eingerichtet.

Am 24. März beschloss der Reichstag dann das „Ermächtigungsgesetz“, mit dem er seine Kompetenz praktisch aufgab und der Regierung die Gesetzgebungskompetenz übertrug. Nur die SPD-Abgeordneten stimmten dagegen (die Mandate der KPD waren einfach annulliert worden). Das Zentrum stimmte „schweren Herzens“ zu, um die eigene Partei zu retten. Ohne Erfolg: Nachdem die SPD am 22. Juni 1933 verboten wurde, musste sich das Zentrum am 5 Juli auflösen.

Hetze gegen Jüdinnen und Juden

Am 1. April 1933 organisierten die Nazis einen pogromartigen Boykott gegen jüdische Geschäfte, Arzt- und Rechtsanwaltspraxen. Auch in Gummersbach wüteten sie: „SA bzw. SS‑Kameraden nahmen Aufstellung am Eingang folgender Geschäfte: Ehape, Schuhhaus für Alle, Volks­bekleidungshaus Kiewe u.Co., Gummersbacher Bekleidungshaus, Inhaber S. Glaß, S. Löwen­stein, Zentraltheater und schließlich bei Dr. med. Simons. … Die an den Geschäftseingängen niedergestellen Plakate zeigten u. a. die Aufschrift: „Deutsche, kauft bei Deutschen!“, „Wir warnen Euch, die Käufer werden photographiert“, „Wer bei Juden kauft, übt Verrat am deutschen Volk“ oder „Meidet jüdische Aerzte“…“- So brüstete sich die NSDAP-Parteizeitung „Oberbergischer Bote“ am 3.4.1933

Zerschlagung der Gewerkschaften

Am 1. Mai wurden die Kundgebungen der Gewerkschaften zu inszenierten Massen­aufmärschen zum „Tag der nationalen Arbeit“ umfunktioniert. Am nächsten Tag wurden dann auf Anordnung des aus Nümbrecht stammenden Robert Ley (Leiter „Aktionskomitee zum Schutz der Deutschen Arbeit“, ab 10. Mai „Deutsche Arbeitsfront“) in ganz Deutschland die Häuser und Büros der Gewerkschaften gestürmt, Gewerkschaftsfunktionären wurden ver­haftet: Die freien Gewerkschaften waren zerschlagen.