Redebeitrag von Oberberg ist bunt bei der Kundgebung am 22. Januar 2022 in Waldbröl

Eigentlich wollten wir gar nicht hier sein.

Wir von Oberberg ist bunt hatten für heute einen Infostand in Gummersbach geplant, wie jedes Jahr Ende Januar. Denn vorgestern war der 80. Jahrestag der Wannsee-Konferenz, am kommenden Donnerstag ist der Holocaust-Gedenktag.

Doch dann kam die Information aus Waldbröl, dass hier – im Schulzentrum, in der Aula – ein „Bürgerdialog“, also eine Propagandaveranstaltung der AfD stattfindet. Deswegen sind wir heute hier, um den Protest und das Engagement der Waldbröler Öffentlichkeit gegen Rechts, für Demokratie und Vielfalt zu unterstützen.

Und: Unseren Infostand können wir ja auch hier machen. Sicher haben einige von euch schon unsere Plakatständer zum Holocaust-Gedenktag und unsere Tafeln zur Wannsee-Konferenz gesehen. Uns ist wichtig, an die Geschehnisse zu erinnern, damit wir daraus lernen können.

Die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 – vorgestern vor 80 Jahren – war der Einstieg in die systematische, industrielle Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Fünfzehn Männer trafen sich um nicht weniger zu planen als die Ermordung von 11 Millionen Menschen. Als am 27. Januar 1945 das Vernichtungslager Auschwitz von der sowjetischen Armee befreit wurde, hatten diese 15 Männer, aber auch alle anderen Mittäter sechs Millionen Jüdinnen und Juden, eine halbe Million Sinti und Roma und viele andere Menschen auf dem Gewissen.

Hier aus Waldbröl waren es Meta und Hermann Bettelheiser, Hedwig und Albert Elias und Carolina Salomon, die ermordet wurden.

Wie konnte es dazu kommen?

Gerade hier, im Süden des Oberbergischen, hetzte der Nümbrechter Robert Ley besonders erfolgreich. Seine Demagogie verfing schon vor 1933 besonders bei der ländlichen Bevölkerung, mit „den Juden“ war ein Sündenbock gefunden für die wirtschaftlichen Probleme der Leute. Robert Ley bot einfache Lösungen für schwierige Fragen, er war das, was man heute einen Populisten nennt. Doch um 1933 wirklich an die Macht zu kommen, brauchten die Nazis noch mächtige Verbündete. Und damit kommen wir zu einem weiteren lehrreichen Gedenktag: Am 26. Januar 1932, also am kommenden Mittwoch vor 90 Jahren, war Hitler beim Industrieclub in Düsseldorf eingeladen. Er stellte dort seine Pläne für ein autoritär regiertes Deutschland vor – und er erhielt große Zustimmung. Viele Menschen aus dem bürgerlichen Lager waren bereit, der NSDAP Regierungsverantwortung zu überlassen – sie glaubten nicht, dass es so schlimm kommen würde. Wie schlimm es dann wirklich kam, daran erinnert uns der Holocaust-Gedenktag am 27. Januar.

Und jetzt zum heutigen Tag:

Dort drüben, in der Aula, lädt die AfD zu einer Veranstaltung. Die AfD, deren Ehrenvorsitzender Gauland die Terrorherrschaft der Nazis als „Vogelschiss in unserer über tausendjährigen Geschichte“ bezeichnete, die AfD, deren heimlicher Strippenzieher Höcke das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnete, die AfD, die pauschal die Menschen muslimischen Glaubens als „nicht zu Deutschland gehörig“ ausgrenzt, die AfD, die im Oberbergischen den Rechtsextremisten Udo Schäfer integriert und mit einem Kreistagsmandat versehen hat, um dessen Unterstützerkreis in Radevormwald für sich zu gewinnen, die AfD, die für Deutschtum wirbt, aber zugleich Wahlkampfmaterialien in russischer Sprache verbreitet.

Ja, sagen einige, das ist zwar schlimm, was die AfD verbreitet, und das ist auch gar nicht meine Meinung, aber: Lasst sie doch reden, wir haben Meinungsfreiheit. – Nein! Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Wer Menschen auf Grund ihrer Herkunft oder ihres Glaubens ausgrenzt, steht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes! Wer den Holocaust leugnet oder verharmlost, äußert nicht irgendeine Meinung, sondern macht sich strafbar! Wenn man beobachtet, wie die AfD im Bundestag agiert, wird klar: Die arbeiten nicht ernsthaft daran mit, dass wir alle eine gute Zukunft haben – die nutzen unsere demokratischen Institutionen aus, um ihre Hetze mit staatlicher Finanzierung zu verbreiten.

Aber: Die sind doch demokratisch gewählt? Richtig, aber sind sie deshalb auch eine demokratische Partei? Auch die NSDAP ist durch demokratische Wahlen an die Macht gekommen. Die Demokratinnen und Demokraten waren sich damals nicht einig im Kampf gegen Rechts. Später saßen sie dann gemeinsam in den KZs. Deshalb muss die Lehre für heute sein: Lasst uns bei allen Unterschieden einig sein im Kampf gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Nationalismus!

Es ist schön zu sehen, wie viele hier auf den Beinen sind, sich nicht von der Kälte abschrecken ließen, um deutlich zu zeigen: Wir wollen keine Hetze in unserer Stadt, wir wollen ein friedliches, solidarisches Miteinander – egal, wo du herkommst, egal, was du glaubst, egal, wen du liebst: lass uns gemeinsam daran arbeiten, diese Stadt liebens- und lebenswert zu gestalten!